In Progress.. engl. version about to come, too..
1.) Giant Steps
Ich habe mit ca. 16 Jahren zum ersten mal mit John Coltranes „Giant Steps“ beschäftigt. Die Schwierigkeit des Stücks liegt zweifellos am schnellen Tempo, und an den schnellen wechseln der Totalitäten (drei potenzielle Tonale Zentren Eb Dur, B Dur und G Dur, die in einem symmetrischen Abstand von großen Terzen zueinander stehen). Coltrane selbst löste die Schwierigkeit hauptsächlich mit Patterns, die er durch die drei Tonalität transponierte:
Eine andere gängige Methode, über die Harmonien zu kommen sind Pentatonic Scalen:
Eine weitere Methode ist, das Stück an sich Modal zu betrachten. Daraus resultiert resultierte unteranderem die Basslinie, die sich in Ganztonschritten nach unten bewegt (immer, wenn die nächste Tonalität eine große Terz tiefer liegt, wie z.b. von Takt 1 bis 3). Mit dieser Methode bekommen Melodien mehr Chromatic, was die Akkordwechsel zwingender darstellt. Dennoch klingen für mich alle drei Methoden zu sehr nach Melodien, die die Harmonien relativ zusammenhangslos verbindet. Zum einen sind die Melodien nicht wirklich kantabel, zum einen klingen sie ganz nach dem Motto „Hauptsache richtige Töne zur richtigen Zeit“.
V – I Kadenzen über Giant Steps
Als ich mir ein Video des Gitarristen Andreas Varady anhörte (damals war er 13!), war ich inspiriert Giant Steps so melodiös wie möglich zu spielen. Tatsächlich war bereits die erste Melodie des Solos ausschlaggebend, das Stück anders anzugehen als üblich. Hier ist die erste Melodie.
Über die Akkorde Bmaj7, D7 und Gmaj7 wird schlichtweg die Blues Scala von B gespielt. Das ergibt einen Modal Interchange für Bmaj7 zu B-7, für einen kurzen moment eine #9 im D7, sowie diatonische Töne in Gmaj7.
Ich wollte aber dennoch versuchen einen Weg zu finden, das Stück komplett diatonisch zu spielen ( vor allem bei den Harmonischen Sprüngen zu einer II oder V einer anderen Tonalität). Der Knackpunkt dieser Melodie ist dennoch, dass die B- (D Dur) Pentatonic Scala (das F der B-Bluesskala ist weder in einem nichtalterierten D7, noch in Bmaj7, noch in Gmaj7 enthalten und wird deshalb ausgeklammert) über D7 und Gmaj7 perfekt funktiort, über Bmaj7 ein Modal Interchange ist („bluesig“).
Bmaj7 soll aber auch diatonisch gespielt werden, daher kam mir folgende Überlegung. Spielt man einen Vamp über Bmaj7, so sind alle diatonischen Töne für Bmaj7 mit ausnahme des E (=avoid note) Töne, die perfekt funktionieren (also sowohl als Downbeat als auch als Offbeat). Wenn man die 6Ton Scala aus B Cis Dis Fis Gis und Ais (sorry für die Kreuze..) betrachtet, kann man unteranderem zwei „Stämme“ festmachen. Den Stamm von B Dur, B Cis Dis Fis, sowie den Stamm von Fis Dur, Fis Gis Ais und Cis. Die Quarte von Fis Dur, also B, funktioniert natürlich auch, da unser eigentliche Akkord Bmaj7 ist. Mit den Tönen 12345 von Fis Dur kann man eine Dominantfunktion imitieren (imitieren, weil für einen richtigen Dominant „Sound“ das E notwendig wär), die nach B Dur auflöst – alles, über ein B Pedal. so wie hier:
Man kann also so tun, wie wenn man eine V I Verbindung spielt, ohne dass sie vom Bass gespielt wird. Zu betrachten sind nun die Dreiklangstöne von Fis Dur, Fis Ais und Cis. Nach Stimmführungsregeln bleibt Fis auf Fis, die Stimme Gis möchte nach B, das Cis kann ebenso nach B auflösen, also auch nach Dis. An sich ist das nichts neues, aber essenziell für dieses Melodie Konzept.
Jetzt wird es interessant: Die Stimmführungsregeln greifen identisch im Moll-Kontext , nur dass das Cis nun auf die Mollterz D auflösen kann.
Für Giantsteps bedeutet das folgendes. Spielt man über den Bmaj7 einen Fis Dur (V) Dur Akkord, so kann man diesen wie eine Dominante nach B moll (I) auflösen, und zwar über D7!
Der Vorteil? Eine V – I Verbindung ist wahrscheinlich die zwingendste Akkordverbindung in der Musik. Dementsprechend sind Melodien, die eine V-I Verbindung darlegen starke Melodien, aufgrund der Stimmführung.
Spielt man das Stück nun weiter, so kann man die B-moll Pentatonic über Gmaj7 spielen. In dieser Pentatonic steckt natürlich der Stamm von D dur, dieser kann wiederum wie eine Dominante gespielt werden (wieder ohne Septime), die wieder zu einer Moll Tonika auflöst – G moll – über Bb7!
Wenn die Modulation zwischen den Tonika nicht abwärts (von B dur nach G dur, von G dur nach Eb dur) geht, sondern aufwärts, von Eb dur nach G dur, so funktioniert die Kadenz genau rückwärts.
Betrachten wir also Takt 4 in Giant Steps, Eb maj7 geht nach A-7 – D7. einen Zusammenhang der Tonarten Eb Dur und G Dur lässt sich noch besser verstehen, wenn man statt Ebmaj7 C-7 denkt – die Mollsubdominante von G Dur. Spielt man die Kadenz C moll nach G Dur wie im Bild, so fühlt sich G Dur nach „Zuhause“, der Tonika an. Vorher spielten wir die Dur Akkorde wie Dominanten zu Moll Tonika (V – I), nun spielen wir Moll Subdominanten nach Dur Tonikas (IV – I). Die Melodie im Takt 3 veranschaulicht die Stimmführung.
Über Giantsteps könnte man nun eine Melodie wie diese spielen:
Über Eb maj7 wird zunächst eine Melodie um C Moll gespielt, zu beachten ist der Übergang zu A-7, das C über Eb maj7 „löst sich“ nach B (ist die Terz von G Dur und funktioniert natürlich über A-7 also None) auf. Der Rest ist Bebop Skala.
In Eb maj7 steckt außerdem ein kompletter F Moll Stamm mit F G Ab Bb C, und in A-7 (dorisch) Steckt ein C Dur Stamm C D E G (Keine Quarte F!) . – F Moll und C Dur steht im gleichen Verhältnis wie C Moll und G Dur (oder F# Dur und B Moll, D Dur und G Moll..), und kann somit auch an der gleichen Stelle umspielt werden:
Natürlich muss man aufpassen, dass man über Eb maj7 keine Melodie spielt, die nach F moll klingt. Das wäre der Fall, wenn Avoid Notes auf Downbeats im spiel wären.. anyway. Folgende Melodie könnte man spielen. Man Beachte wieder den Übergang nach C Dur. (Das F zum E)
Fazit: Moduliert man von einer Tonart in die andere, Beispielsweise abwärts von G Dur nach Eb Dur, so können die Dur Stämme in Moll Stämme kadenzieren: G Dur (V), C Dur (V) , D Dur (V) , nach C Moll (I), F Moll (I), G Moll (I). Zu beachten sind Mögliche Avoidnotes. (Wenn zum Beispiel über Bb7 nach Eb Dur moduliert, kann man G Dur nach C moll nur benutzen, wenn das Eb auf einem Downbeat umgeht, da Avoid Note (-> Pianisten spielen sich einen Bb7sus4 Akkord 😉 )
Moduliert man von Eb nach G Dur, so dreht man die Dur und Moll Akkorde (siehe Bild) um, also C moll nach G Dur, F moll nach C Dur usw. . Zu beachten ist, dass beispielsweise G moll in Eb maj7 keine None hat…
Hier noch ein konstruiertes Solo:
2.) Bridges und connect every pair of tonalities.